Eine starke Demokratie braucht laute Stimmen
Nachts liege ich wach im Bett. Meine Gedanken kreisen. Gerade habe ich auf Instagram ein Video gesehen, wie hunderte Menschen vor der ehemaligen Parteizentrale des neofaschistischen Movimento Sociale Italiano den «Saluto Romano» machen. Angst macht sich in mir breit, mein Kopf ist voller Fragen. Was, wenn sich die Geschichte wiederholt? Was können wir als Gesellschaft dagegen tun? Was kann ich dagegen tun? Ein Gefühl der Machtlosigkeit überkommt mich. Aber bin ich wirklich so machtlos?
Seit fünf Jahren streike ich fürs Klima, mit 15 Jahren habe ich zum ersten Mal am 1. Mai demonstriert und der feministische Streik am 14. Juni steht seit Jahren jedes Jahr fest auf meiner Agenda.
Auf die Strasse zu gehen, gibt mir Hoffnung, denn ich bin nicht allein. Hunderte, Tausende sind mit mir dort und kämpfen fürs Gleiche. Für Klimaschutz, Gleichstellung und soziale Gerechtigkeit – für eine lebenswerte Zukunft für alle.
Wir nehmen unser Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit war. Genau diese Rechte möchte die junge SVP einschränken und der Regierungs- sowie Kantonsrat ziehen mit einem ebenso gefährlichen Gegenvorschlag mit. Die Initiative fordert eine Bewilligungspflicht für Kundgebungen und eine Kostenauferlegungspflicht für deren Polizeieinsätze. Die Bewilligungspflicht ist gemäss UNO-Menschenrechtsausschuss völkerrechtswidrig, da sie die Versammlungsfreiheit einschränkt. Die Stadt Zürich hat die Bewilligungspflicht inzwischen gelockert (Versammlungen mit bis zu 100 Teilnehmenden unterliegen einer blossen Meldepflicht), doch der bürgerliche Kanton möchte nun der Stadt vorschreiben, wie sie es zu machen hat. Ist den Bürgerlichen die Gemeindeautonomie doch nicht mehr so wichtig, wenn sie die linke Stadt übersteuern können?
Die Kostenauferlegungspflicht für Polizeieinsätze ist absurd: Bereits heute können verursachte Kosten überwälzt werden. So werden zum Beispiel Fussballclubs bereits regelmässig dafür belangt. Die aktuelle gesetzliche Grundlage genügt. Bei Annahme einer der Vorlagen müssen die Kosten jedoch überwälzt werden, was einerseits einen immensen administrativen Aufwand für die Behörden bedeutet, anderseits aber auch einen «Chilling-Effekt» auslöst. Dies bedeutet, dass die legitime Ausübung eines Grundrechts durch die mögliche Auferlegung juristischer Konsequenzen gehemmt wird. So können sich nur noch Personen und Organisationen mit dickem Portemonnaie eine Kundgebung leisten. Die Polizei ist da, damit Kundegebungen stattfinden können. Nicht um sie zu verhindern!
Ich möchte laut sein. Ich möchte für meine Überzeugung einstehen. Und ich möchte eine starke Demokratie. Deshalb gehe ich auf die Strasse. Deshalb stimme ich am 3. März 2x Nein zur «Anti-Chaoten-Initiative» und deren Gegenvorschlag. Und deshalb braucht es auch Ihre Stimme an der Urne.